SCHÖPFUNG

GALERIE PLONK 2014 / Leonhardi-Museum 1989

25 Jahre nach der „Schöpfung“ im Leonhardi Museum reanimiert sie Jörg Sonntag, besser bekannt als Jo Siamon Salich, als digitale 3D-Zeichnung: Schöpfung 2.0 oder besser: 3.0Die Elemente sind unberechenbar und jederzeit waltend, sie sind mehr als Zeichen, sie wirken, sind Feuer, Wasser, Erde, Luft. Ein rechteckiger Raum, damals wie heute, in jeder Ecke wachsen elementare Zeichen, Piktogramme. Schrift? Na klar, denn die Elemente wollen gebändigt sein. Und sie mögen Rituale: Feuer brennt, Wasser fließt, Erde steht, Luft weht. Nichts vergeht. Alles, auch die Erde. In Bewegung durch Feuer, Wasser, Luft und womöglich anderes. Die Erde steht auf. Was erwartet uns? Nun ja, im Herbst 1989 wussten wir auch nicht, was kommen wollte. Jetzt, im Mai/Juni 2014, wissen wir es ebensowenig. Höchstens Ahnungen wehen heran. Damals wollte Jörg Sonntag, damals noch nicht bekannt als Jo Siamon Salich (der Name entstand während oder nach einer Nordafrikareise Anfang der 1990er), dem Raum eine elementare Aura verleihen, ihn also auszeichnen. Ob es ihm geglückt ist, vermag ich nicht zu sagen, denn ich war leider nicht dabei. Aber diesmal werde ich dabei sein und bin wie alle anderen gespannt, was die digital rekonstruierte “Schöpfung” nach einem Vierteljahrhundert sagen wird. Es sind dieselben Elemente, dieselben Zeichen, es ist derselbe Performer. Aber es ist eine andere Zeit. Zum Glück.

 

(Andreas S. Berndt)






SCHOEPFUNG
die Ausstellung der Tag
15.Oktober 1989 / Rauminstallation – Performance
Aktionstage im Leonhardi Museum Dresden „Alltag-funf Tage fur ELBA“
Ausstellungswechsel aller 24 Stunden
(Videoaufzeichnung der Rauminstallation von C. Tannert)

SCHOEPFUNG
der Text zur Performanseinstallation / 24h Environment


Feuer- Erde - Wasser- Luft; Signale fur
Anfang und Ende, Leben und Tod..
Informationen an die Unendlichkeit.
Das Ich als Überich, das Überich als Ich.
Gott und Teufel als gleichberechtigte
Teilhaber an der Schöpfungsgeschichte.
Verfolgen wir den Gang der Dinge in dieser Welt,
dann sind wir weit davon entfernt, zum Kern vorzudringen.
Die Schöpfung zu erkennen als den Ursprung,
aus dem der Mensch Neues entnehmen kann,
als einen Quell der Erneuerung.
Die Schöpfung ist in uns selbst und durchdringt uns alltäglich.
Werden wir tagtäglich geboren und sterben wir jeden Tag.
Befragen uns nach der Zeit, die wir verbringen und nach den Ursachen der
Vergänglichkeit.
Erfahre Ich im Inneren Tag für Tag den Vorgang der Geburt und die äußere Welt
hält dem nicht stand, so erlebe ich den permanenten Widerspruch zwischen
kinetischer und potentieller Energie.
Alles, was Ich lebe ist kinetische Energie und das Pendel
schwingt unablässig in Richtung seines Ruhezustandes.
Die Endlosschleife ist das, mit Schriftzeichen an die Ewigkeit angefüllte, Bild.
Ich schreite sie ab, finde das Zentrum der Überschneidungen
und erlebe mich für einen kurzen Augenblick.
Hier ist der Ursprung, hier beginnt alles und endet.
Die Infragestellung liegt in der Bewusstwerdung des Seins,
des Sterblichen.
Ich habe mich gewaschen, bin rein von allen Urteilen und Vorurteilen,
durchschreite den Raum nach der Vorgabe von Zeichenkonstellationen.
Die Elemente als Lebenswahrnehmung:
Wasser als Lebensquell- ich verharre in Bewunderung.
Feuer als Kulturform der Entwicklung – wärmen, brennen, verbrennen.
Die Erde selbstsüchtig durchsieben nach Erhabenheiten, sich schmücken mit dem
vom Kosmos reflektierten Abbild.
Die Luft als organspendende Notdurft, als lächerlicher Zufall des Erdendaseins.
Das Zentrum ruft mich zurück. Mord oder Selbstmord – einen Endpunkt setzen,
verglühen im schmerzlichen Brenne des Goldes auf der Haut, verbluten, ausbluten
als durchlebtes Selbstexperiment. Die Nacht ist die Vorahnung der letzten
Finsternis. Vernunft und Unvernunft haben keine Bedeutung mehr. Der sterbliche
Rest im endlosen Dunkel – sinnlos – sinnvoll.
Ich bin, wie an einem Faden hineingelassen in die Welt und könnte jederzeit
herausgezogen und weggezogen werden.
Das Erwachen wird zur letzten Tatsache dieser Realität.

 


Jörg Sonntag